[Rezension] “NACHTSCHATTEN IM FRAUENHAARMOOS” von Sofie Morin und Ulrike Titelbach:

Sofie Mor­in, Ulri­ke Titel­bach:
Nacht­schat­ten im Frau­en­haar­moos
Phy­to­poe­ti­sche Dia­lo­ge
edi­ti­on melos, 2025
96 Sei­ten | € 28,00
ISBN 978–3‑9505758–0‑4

Rezen­si­on: mpk

»Ich begin­ne in der Nacht, da alles in der Nacht beginnt, aus der her­aus sich der Trost schält.«(Sofie Mor­in)
So begin­nen die phy­to­poe­ti­schen Dia­lo­ge, die sich Sofie Mor­in und Ulri­ke Titel­bach über einen län­ge­ren Zeit­raum hin­weg zuge­schickt haben. Her­aus­ge­kom­men sind zar­te, in lyri­sche Spra­che gegos­se­ne Natur­be­ob­ach­tun­gen, Asso­zia­tio­nen und Emp­fin­dun­gen – immer aus­ge­hend von einer Pflan­ze. Wie etwa Ari­sa­mea fran­che­tia­num (Feu­er­kol­ben):
»Weil mich dein Name an Gewehr­kol­ben erin­nert. An Män­ner, die sie nahe an der Wan­ge füh­ren. Im Dienst der Prä­zi­si­on.« (Ulri­ke Titel­bach)

Es ist sind schö­ne, melan­cho­li­sche Sät­ze, die uns Lesen­de ein­spin­nen. Die fest­ge­hal­te­nen Gedan­ken haben etwas Ver­gäng­li­ches und hal­ten einen Zau­ber bereit, der uns für einen Moment inne­hal­ten lässt. So fol­gen wir den bei­den Lyri­ke­rin­nen vom ers­ten Sehen und dem Ver­such, das Ent­deck­te in Wor­te zu fas­sen, bis hin zum Nach­füh­len.
»Die Fra­gen, die mir das Wel­ken stellt, sind nie die­sel­ben.«
(Sofie Mor­in)

Ein Wind­stoß, schon wer­den die Gedan­ken brü­chig und man spürt: An einem ande­ren Tag wäre die Ant­wort viel­leicht eine ande­re gewe­sen. Denn so exakt der bota­ni­sche Blick auch sein mag: Es geht um die Schwin­gung zwi­schen Pflan­ze und Mensch, ums Spü­ren, Nach­spü­ren und Wei­ter­den­ken. Um den ver­gäng­li­chen Augen­blick und dar­um, die ers­te Asso­zia­ti­on nicht nur fest­zu­hal­ten, son­dern in Aus­tausch tre­ten zu las­sen. Somit wird der vage Gedan­ke der einen zum Samen­korn der ande­ren.
Das Du, das in den Tex­ten immer wie­der ange­spro­chen wird, ist kein fes­tes Gegen­über, son­dern eines, das sich wan­delt und bei jedem erneu­ten Lesen aber­mals aufs Neue ändern darf.
»Komm mit mit aus der Seicht­was­ser­zo­ne, will ich sagen und noch vie­les mehr, das unan­stän­dig klingt, und nicht ein­ge­ord­net, so wie es ist.« (Ulri­ke Titel­bach)

Eine wärms­te Emp­feh­lung für alle, die sich vom Klang der Spra­che ver­wöh­nen las­sen wol­len, Denk­an­stö­ße suchen und etwas über Pflan­zen ler­nen möch­ten.
Klei­ner Wunsch für den nächs­ten phy­to­poe­ti­schen Band: Noch schö­ner wäre es, wür­de es auch Illus­tra­tio­nen von den Pflan­zen geben!

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Lesung der Autorin­nen aus dem Manu­skript

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Inter­view
Die bei­den Lyri­ke­rin­nen über ihr Pro­jekt

Mar­ga­ri­ta ist seit 2009 bei &Radieschen. Sie ist für den Satz der Zeit­schrift sowie den rei­bungs­lo­sen Ablauf von Ein­sen­de­schuss bis Druck ver­ant­wort­lich – und für die­sen Blog. Bei &Radieschen hat sie ihre Lei­den­schaft fürs Zeit­schrif­ten­ma­chen ent­deckt, wes­we­gen sie seit 2021 auch die Dia­lekt­zeit­schrift “Mor­gen­schte­an” gestal­tet. Wenn sie nicht gera­de vor dem Bild­schirm sitzt, dann liest sie meist. Oder sie schreibt (> margaritakinstner.at).

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