& RADIESCHEN-FRAGEBOGEN INTERVIEW
diesmal mit: Lorena Pircher
Bei Prosatexten habe ich persönlich eine etwas distanziertere Herangehensweise beim Schreiben, ich denke mehr über Struktur und Aufbau nach.
Lorena Pircher wurde 1994 in Südtirol geboren. Ihr Text “lange Tage” ist in unserer aktuellen Ausgabe mit dem Titel “Brot & Spiele” erschienen. Es ist die erste Veröffentlichung der Autorin in unserer Literaturzeitschrift.
Für unseren Blog hat 10 Fragen beantwortet – wir bedanken uns herzlich!
Foto: Lorena Pircher, © privat
Welche Textgattung bevorzugst du?
Ich schätze alle Gattungen, habe aber intuitiv damit begonnen, Lyrik zu schreiben. Für mich schwingt in Gedichten immer etwas besonders Persönliches und Unverfälschtes, Emotionales mit; Bilder und Seinsformen, die sich in Worte übersetzen. Bei Prosatexten habe ich persönlich eine etwas distanziertere Herangehensweise beim Schreiben, ich denke mehr über Struktur und Aufbau nach, über Dialogführung, ich schätze dabei aber auch sehr, dass ich mehr Zeit für Komposition und Gliederung aufwenden muss. Lyrik fließt ungehinderter aus mir, direkter, greifbarer.
Was hat dich zum Schreiben bewegt?
Die Erkenntnis, dass ich viele Prozesse und Begebenheiten erst im Schreiben begreife, dass ich zu mir selbst und zu dem, was mich umgibt, erst wirklich vordringen kann, wenn ich es in Worte fasse, wenn ich einen kreativen Zugang dazu finde.
Gibt es Themen, die dich als Autorin besonders interessieren?
Ich interessiere mich sehr für die Dekonstruktion des eurozentristischen Kanons; ich bin fasziniert von der schriftstellerischen Leistung (junger) Autorinnen*; ich möchte mich in den Wissensgebieten über Ungleichheit von Frauen* und Männern* im Literaturbetrieb weiterbilden und vermehrt Werke lesen, die sich mit einem rewriting des kolonialen Kontinuums auseinandersetzen.
Gibt es etwas, das dich beim Schreiben besonders inspiriert? Woher kommen deine Ideen?
Um schreiben zu können, muss ich lesen; Romane, Gedichtsammlungen, Kurzgeschichten, aber auch viel philosophische und theoretische Werke. ich besuche sehr gerne Theateraufführungen und Kunst- und Fotografieausstellungen, da ich dadurch immer wieder Neues lerne. Die Auseinandersetzung mit dem Schaffen verschiedener Künstler:innen und Schriftsteller:innen inspiriert mich am meisten.
Wo schreibst du am liebsten?
Am liebsten schreibe ich, wenn ich unterwegs bin – im Zug, im Nachtbus, aber immer auf Reisen. Ich merke, dass ich an neuen, mir noch unbekannten Orten Texte schreiben kann, die mich mehr überzeugen als andere, die ich “im Stillstand” geschrieben habe.
Zu welcher Tageszeit schreibst du am liebsten?
Meine Ideen fließen am besten nachts oder frühmorgens, kurz nach dem Aufstehen, dann versuche ich gleich, mich ans Schreiben zu setzen und alles zu Papier zu bringen, was mir im Kopf kreist.
Was tust du, um eine Schreibblockade zu lösen?
Wenn ich nicht mehr schreiben kann, mich blockiert fühle, dann versuche ich, umso mehr zu lesen, ins Museum zu gehen oder Musik zu hören, um neue Inspiration zu finden, ein Wort zu hören oder zu lesen, das Assoziationen und Bilder auslöst und mich dazu drängt selbst wieder kreativ zu werden.
Was liest du gerade?
When We Were Birds, einen unglaublichen Roman von Ayanna Lloyd Banwo.
Welches Buch sollte deiner Meinung nach jede*r lesen?
Beloved von Toni Morrison, ein Werk, das mich mein ganzes Leben nie wieder loslassen wird.
Was schätzt du besonders am & Radieschen?
Ich bin euch dankbar, dass ihr so viele talentierte Autor:innen entdeckt und ihnen eine Plattform für ihr Können bietet! Danke, dass ihr so viele verschiedene Stimmen ertönen lässt und junge, zeitgenössische Literatur fördert!
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mehr über die Autorin
Lorena Pircher wurde 1994 in Südtirol, Italien, geboren. Lehramtsstudium Englisch-Französisch und Vergleichende Literaturwissenschaften in Wien und Besançon, Frankreich. Sie arbeitet und schreibt als Lehrerin und Buchhändlerin in Wien. Veröffentlichung des ersten Lyrikbands “Irrende Welten” 2018, mehrere Kurzgeschichten und Gedichte erschienen in Anthologien und literarischen Zeitschriften.
“lange tage” von Lorena Pircher
ist in der Ausgabe #65 mit dem Titel Brot und Spiele erschienen.