Ljuba Arnautović:
Junischnee
Zsolnay, 2021
192 S. | € 22,90
ISBN: 978–3‑552–07224‑4
Rezension: Katrin Oberhofer
Ljuba Arnautović erzählt von durch den Krieg zerissenen Familien. Die beiden Kinder Karl und Slavko werden, um sie nach der Niederlage im österreichischen Bürgerkrieg in Sicherheit zu bringen, 1934 alleine nach Russland geschickt. Denn die Eltern gehören dem Schutzbund an und haben Angst um sie. Dort leben die Kinder zunächst in einem Ferienlager ein angenehmes Leben, doch ihre Rückkehr verzögert sich und wird schließlich unmöglich. Im zweiten Weltkrieg werden sie auf einmal zu feindliche Ausländern erklärt. Slavko verschwindet, Karl landet letztlich nach längerer Obdachlosigkeit im Gulag, wo er seine spätere Frau Nina kennen lernt, eine Russin. Die beiden bekommen ein Kind und landen nach erheblichen bürokratischen Anstrengungen schließlich auf Karls Wunsch wieder in Wien. Nina fasst nie Fuß und versucht zuerst mit dem ersten, später mit zwei Kindern zurück nach Russland zu gelangen. Was ihr schließlich auch gelingt, doch mittlerweile schmiedet Karl einen Plan, um seine Kinder zurückzuholen und sie von der Mutter zu trennen.
Die Willkür, der die Kinder im Krieg und auch eine Generation später durch die vom Krieg traumatisierten Eltern ausgeliefert sind, hat mich betroffen gemacht.
Obwohl das Buch mich erzählerisch nicht immer überzeugt hat, weil mir einiges einfach zu lapidar geschildert war, empfehle ich es. Denn was hier deutlich wird, ist: Was der Krieg anrichtet, besteht weiter über seine Dauer hinaus.
Katrin Oberhofer, rezensiert seit 2023 für &Radieschen.
Aufgewachsen in Maria Saal, lebt mit ihren liebsten Menschen in Wien. Studium der Sozial- und Kulturanthropologie und Philosophie, Ausbildung zur Schreibtrainerin am writers’ studio.
Mehr Buchrezenzsionen (und Katzen) gibt es unter @writing_and_cats