Christian Klinger:
Die Geister von Triest
Picus, 2023
320 S. | € 20,00
ISBN: 978–3‑7117–2122‑8
Rezension: Margarita Puntigam-Kinstner
Vor einem Jahr erschien der erste Krimi rund um Ispettore Gaetano Lamprecht, angesiedelt in Triest, kurz nach der Ermordung des Thronfolgers in Sarajevo.
Diesen Sommer ist Teil zwei erschienen. Mittlerweile wütet der Krieg in Europa, und auch Lamprecht selbst muss befürchten, dass er bald an die Front einrücken muss – dank seines Vaters, der ihn zum freiwilligen Militärdienst angemeldet hat.
Zur selben Zeit wird in Triest eine alte Frau ermordet. Ihre Haut ist übersät mit eingeritzten Kreuzen, und die Nachbarn wissen zu berichten, dass es sich bei der Alten um eine Hexe gehandelt habe.
Lamprecht glaubt an Hexen jedoch genauso wenig wie an den glorreichen Krieg, er folgt der Spur des Geldes und stößt schon bald auf ein jahrhundertealtes Geheimnis.
Christian Klinger versteht es auch diesmal wieder gut, die Atmosphäre der Zeit einzufangen. Während die einen noch im Kriegsjubel sind – denn für viele ist der Krieg weit weg, sie glauben den Erfolgsmeldungen in den Zeitungen –, sind die anderen längst in der Realität angekommen.
“Die Erde bebt, du hast ständig das Gefühl, du reitest auf einem wilden Stier, dabei liegst du nur in deinen Exkrementen und im Erbrochenen, sofern es überhaupt etwas zu essen gegeben hat, das man wieder hochwürgen kann. Und es stinkt. Nach Salpeter, nach dem Pulver und nach dem verwesenden Fleisch”, weiß auch Lamprechts Kollege Mollieri zu berichten.
Haben wir in Teil eins noch den leidenschaftlichen Radrennfahrer Lamprecht kennengelernt, so scheint der Ispettore diesmal vor allem den Frauen hinterdreinzujagen – sehr zum Leidwesen seiner Familie.
Besonders spannend ist vor allem der historische Hintergrund. Denn Italien ist nicht bereit, den Bündnispartner Österreich zu unterstützen – immerhin handelt es sich um einen Angriffskrieg. Keine leichte Situation für den Ispettore und seine österreichisch-italienische Familie, über die wir in diesem Band ebenfalls wieder ein Stück mehr erfahren.
Klinger recherchiert gründlich und lässt seine Figuren glaubhaft agieren – auch auch wenn sie das an mancher Stelle nicht gerade zu Sympathieträgern macht.
Wer sich für die Geschichte Triests interessiert und gern Krimis liest, wird mit der Gaetano Lamprecht-Reihe jedenfalls eine wahre Freude haben.
Margarita ist seit 2009 bei &Radieschen. Sie ist für den Satz der Zeitschrift sowie den reibungslosen Ablauf von Einsendeschuss bis Druck verantwortlich – und für diesen Blog. Bei &Radieschen hat sie ihre Leidenschaft fürs Zeitschriftenmachen entdeckt, weswegen sie seit 2021 auch die Dialektzeitschrift “Morgenschtean” gestaltet. Wenn sie nicht gerade vor dem Bildschirm sitzt, dann liest sie meist. Oder sie schreibt (> margaritakinstner.at).