Jessica Lind:
MAMA
Kremayr&Scheriau, 2021
192 S. | € 21,00
ISBN: 978–3‑218–01280‑5
Rezension: Katrin Oberhofer
Jessica Linds “Mama” ist eine klug konstruierte Beschwörung der Macht und Ohnmacht von Mutterschaft. Die Leserin begegnet Amira zunächst als Frau mit einer großen Sehnsucht, schwanger zu werden, dann als Schwangere und schließlich als Mutter mit einem Dreijährigen Kind, die in einem ewigen Zeitloop gefangen scheint, in dem das Kind nicht älter wird. Überhaupt scheint mit dem Mädchen Louise etwas ganz und gar nicht zu stimmen, denn Amira hat das Kind zunächst allein auf einer Lichtung gefunden und nicht als ihre Tochter erkannt. Und war sie in diesem Moment nicht eben noch schwanger?
Um diese drei Figuren wird ein Kosmos des Unheimlichen gebaut in einer einsamen Hütte im Wald. Da ist Amiras Mann Josef, der sich an den traumatischen Unfalltod seines Vaters erinnert – hat der einsame Wanderer, der im Wald auftaucht, Ähnlichkeit mit dem Vater?
Eine Hündin, die eines ihrer Welpen nach der Geburt tötet, und im Laufe der Zeit immer bedrohlicher und aggressiver um die Hütte schleicht.
Eine erinnerte Geburtszene allein im Wald, ein Märchenbuch in der Hütte, das all diese Ereignisse zu erklären scheint.
Die Frage, ob Amira diesen Kind etwas angetan haben könnte, wird immer wieder in den Text eingewoben.
Magisch, gruselig, packend – dieses Buch konnte ich nicht aus der Hand legen.
Katrin Oberhofer, rezensiert seit 2023 für &Radieschen.
Aufgewachsen in Maria Saal, lebt mit ihren liebsten Menschen in Wien. Studium der Sozial- und Kulturanthropologie und Philosophie, Ausbildung zur Schreibtrainerin am writers’ studio.
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