Verena Dolovai:
Dorf ohne Franz
Roman. Septime, 2024
ISBN: 978–3‑99120–035‑2 | 168 S. | € 21.00
Rezension: Katrin Oberhofer
»Dorf ohne Franz« erzählt von einem Frauenleben in patriarchalen, dörflichen Strukturen.
Maria ist das mittlere Kind, der ältere Bruder Josef erbt den Hof, der jüngere Bruder Franz, Liebling der Mutter, verlässt das Dorf mit seinem ausgezahlten Erbteil. Maria fügt sich in den Erbverzicht, der ihr zur Unterschrift vorgelegt wird, und schuftet fortan unbezahlt: »Kümmern« wird das genannt. Jeder Schritt in ihrem Leben führt sie tiefer in die Abhängigkeit. Ganz selbstverständlich ist sie zuständig für Kindererziehung, Hilfsarbeit im Wirtshaus der Schwiegereltern, Pflege alter Familienmitglieder und schließlich ihres alkoholkranken Mannes. Aus Marias Sicht erzählt, werden jedoch immer wieder Brüche im scheinbar unentrinnbaren Gefüge des Dorfes sichtbar. Der Bruder Franz, die Freundin Teresa und auch Marias Tochter Lisa haben den Ausbruch geschafft.
Eines Tages lässt Maria entgegen allen Erwartungen einfach alles liegen und stehen und bricht in den Wald auf, auf der Suche nach einem anderen Leben. Obwohl dieses plötzliche Autonomiestreben einer Frau, die sich ihr ganzes Leben untergeordnet hat, zunächst unerwartet kommt, liest es sich stimmig und befreiend. Denn damit wird aus einer Geschichte, wie man sie zu kennen meint, etwas ganz Besonderes.
Katrin Oberhofer, rezensiert seit 2023 für &Radieschen.
Aufgewachsen in Maria Saal, lebt mit ihren liebsten Menschen in Wien. Studium der Sozial- und Kulturanthropologie und Philosophie, Ausbildung zur Schreibtrainerin am writers’ studio.
Mehr Buchrezenzsionen (und Katzen) gibt es unter @writing_and_cats