[REZENSION:] “Und alle so still” von Mareike Fallwickl

Marei­ke Fall­wickl:
UND ALLE SO STILL
rowohlt, 2024
368 S. | € 24,50
ISBN: 978–3‑498–00298‑5
Rezen­si­on: Kat­rin Ober­ho­fer

„Und alle so still“ von Marei­ke Fall­wickl als Hör­buch gehört bei mei­nen Run­den um den gelieb­ten Wie­ner­berg­teich. Schlech­tes­te the­ma­ti­sche Wahl wahr­schein­lich für die Jog­ging­run­de. Da ist er ja wie­der, der Selbst­op­ti­mie­rungs­wahn, Sport und Lite­ra­tur und fri­sche Luft yay. Ich fin­de das Buch und das Anlie­gen, zu zei­gen, wie das Sys­tem an allen Ecken und Enden kracht, wenn es um die grund­le­gen­den Bedürf­nis­se der Men­schen geht, die wirk­lich alle betref­fen, geni­al. Kind­heit, Krank­heit, Put­zen, Waschen, Essen machen: alles, was den Frau­en gern als Gra­tis­ar­beit zuge­schanzt wird, ist abso­lut uner­läss­lich. Was pas­siert, wenn all die erschöpf­ten Frau­en ihre Arbeit von einem auf den ande­ren Tag nie­der­le­gen? Eines Tages legen sich all die Frau­en ein­fach erschöpft nie­der, wo sie gera­de gehen und ste­hen, und las­sen es sein. Hier wird auch nicht beschö­nigt, die Kran­ken blei­ben dann sich selbst über­las­sen, Kin­der­un­fäl­le, Tote – alles drin in der Erzäh­lung. Und auch Gewalt, ange­droht und real, um die bestehen­de Ord­nung wie­der her­zu­stel­len. Gezeigt wird das exem­pa­risch anhand der Geschich­ten von Elin, Influen­ce­rin, Nuri, Essen­zu­stel­ler, Ruth, Pfle­ge­rin und noch eini­gen mehr.
An man­chen Stel­len war mir das alles ein biss­chen zu über­frach­tet, zu viel in die ein­zel­nen Figu­ren hin­ein­ge­packt. Doch auch hier wider­spre­che ich mir selbst, denn die­je­ni­ge, die es zwei­fel­los am här­tes­ten getrof­fen hat mit ihrem Los und am längs­ten durch­hält, die Kran­ken­pfle­ge­rin Ruth, war mir gleich­zei­tig von allen Figu­ren am nächs­ten.
Am ehes­ten kann ich mei­ne Kri­tik so for­mu­lie­ren: Man hät­te noch etli­che Bän­de mehr fül­len kön­nen mit all den wich­ti­gen The­men, die hier ange­spro­chen wer­den. Ich war wütend, habe gelacht, geweint und vor allem: die­ser Sehn­sucht nach­ge­spürt, dass sich etwas grund­le­gend ändern muss. Ein Buch für alle, die dar­über nach­den­ken, wie Soli­da­ri­tät aus­se­hen kann. Ein Buch für alle.

Kat­rin Ober­ho­fer,  rezen­siert seit 2023 für &Radieschen.
Auf­ge­wach­sen in Maria Saal, lebt mit ihren liebs­ten Men­schen in Wien. Stu­di­um der Sozi­al- und Kul­tur­anthro­po­lo­gie und Phi­lo­so­phie, Aus­bil­dung zur Schreib­trai­ne­rin am wri­ters’ stu­dio.
Mehr Buch­re­zenz­sio­nen (und Kat­zen) gibt es unter @writing_and_cats

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