Stefan Schmitzer:
loop garou
Ritter, 2024 | 96 S. | € 15,00
ISBN: 978–3‑85415–672‑7
Rezension: Katharina J. Ferner
»loop garou« heißt der neueste Gedichtband von Stefan Schmitzer. Am Einband hingegen ist von der Bezeichnung »Gedichte« erst einmal gar keine Rede, stattdessen wird von Invokationen gesprochen. Es sind schelmische Anrufungen, an historische ebenso wie an mythologische Persönlichkeiten. An Hestia, Dionysos und Sigmund Freud beispielsweise. Es sind Gedichte wie Schnellzüge, so sehr nimmt ihre Sprache Fahrt auf. Es ist ein Spiel mit Lust, in jedem Sinne, ein geradezu überbordendes Vergnügen. Man möchte albern werden beim Lesen – und wird es auch.
kleinfamilien
überall kleinfamilien
ihr selbstzufriedenes bums
ihre kinderwägen
ihre kinderwägen
überall ihre kinderwägen
ganz besondere kinderwägen 1
Aber zwischen den Albernheiten verbirgt sich dann zeitweise doch eine große Ernsthaftigkeit der Themen, von Kolonialgeschichte bis hin zu niedergefahrenen Waldtieren. Der erste Zyklus, den Astrophysiker Nikolai Semjonowitsch Kardaschow anrufend, leitet unumgänglich die Auseinandersetzung mit dem Universum ein. Dazwischen die zaubermächtigen Quadrate, in denen man alle möglichen Schutz-und Wunschzauber finden kann, sei es nun ein klassischer Liebeszauber oder zeitgemäß »gegen datenverlust«. Nach dem Zauber folgt keine Katharsis (von manchen Protagonist:innen vielleicht doch), stattdessen lesen wir von der Katabasis. Und diese Betitelung betont noch einen Aspekt in Stefan Schmitzers Dichtung, nämlich die ausnahmslose Musikalität der Texte. Man möchte auch hören und hört den Klang, den Rhythmus schon aus den Zeilen heraus. Es ist ein ganzes Konzert und am Ende weiß man nicht mehr genau, was am Anfang stand, aber das macht nichts. Wie bei einem Musikstück beginnt man einfach wieder von vorne, und wieder und wieder, bis man gesättigt ist. Oder nur noch ausruft: loop garou. loop. loop.
und da säße dann eine schwingung in meim gerät
die legtich als loop
hattichdacht
und der loop ging immer weiter 2
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1 aus: invokation von hera mit den weißen armen, S. 28.
2 aus: invokation von apollon musagetes, S. 31.
(Diese Rezension erschien in: &Radieschen #71)
Katharina J. Ferner hat während ihrer Zeit in Wien nicht nur die ADIDO-Lesungen im Café Anno mitorganisiert, sondern auch unsere Redaktion verstärkt. Heute lebt sie wieder in ihrer Geburtsstadt Salzburg. Ihre Kolumne Fernpost schickt sie uns entweder von dort oder von einem der Orte, an dem sie gerade arbeitet, denn die Poetin und Performerin reist gerne.