Katharina J. Ferner: krötentage
Gedichte
Limbus 2022 | 96 S. | € 15,00
ISBN: 978–3‑99039–219‑5
Rezension: Siljarosa Schletterer
(erschienen in Morgenschtean U72-73/2022)
Katharina Ferners krötentage ist nicht nur ein Gedichtband. Das ist mindestens ein Mit-Erlebnis- Bericht-Band, der sich in die Tage und Nächte schleicht und mehr als Träume hinterlässt. Mit dem lyrischen Ich kann frau die Schattierungen, die Abgründe und Höhenfahrten von zwischenmenschlichen Gefühlsbelangen miterleben: vom Neuverlieben über Abhängigkeitserfahrungen bis zu emotionaler Gewalt; die verschiedenen Rollen und Rollenzuschreibungen einer liebenden Person werden hier vor- und durchgespielt.
So bewegen sich die Gedichte zwischen Versteckspielzwang und Offenbarungsoffensive, zwischen »geheimgedicht« (S.7) und »kriegsbemalung« (S.60). Thematisiert das eine den »narbenkatalog« (S.17) und ruft nach Pflastern, beschreibt das andere »vorbeiziehende begierden« (S.77).
Bis zur letzten Seite ist der Band »nicht trockenzulegen« (S.93) und das ist gut so. Diese Texte sind von einer solch intensiven Sinnlichkeit und Körperlichkeit geprägt, dass frau die darin beschrieben Küsse wie im Gedicht auf Seite 26 »herausnehmen und an die / entsprechenden stellen heften / (müssen ja nicht nur die lippen sein)« will. Katharina Ferner beweist in diesem Werk einmal mehr, dass nicht nur Liebeslyrik, sondern auch Dialektdichtitung nicht in Schubladen zu stecken sind. So erfährt frau die Verbindungen – wie nahe das Salzburgerische der roman(t)ischen Sprache Italieniensisch ist.
Auch dieser Ferner-Band sollte mit einem Achtungschild versehen werden: Poetische Verliebungs- und Erschütterungsgefahr.
Katharina J. Ferner lebt als Poetin und Performerin in Salzburg. Redaktionsmitglied der Literaturzeitschriften &Radieschen, Morgenschtean, Mosaik. 2016–2019 Mitbetreuung der Lesereihe ADIDO (Anno Dialekt Donnerstag) in Wien. 2017 Stadtschreiberin in Hausach. 2019 Lyrikstipendium am Schriftstellerhaus Stuttgart. Seit 2020 arbeitet sie gemeinsam mit anderen Autor*innen mit der Lungauer Kulturvereinigung über das Format „Junge Literatur im Lungau“ zusammen. Sie tourte im Team von HÖRHIN –Eine Initiative zur Förderung von Lese- und Sprachkompetenz an Volksschulen durch Österreich. Mit dem Fotografen Mark Daniel Prohaska entstand das Projekt „Homeage”, in dem KJF literarische Straßennamen Salzburgs mit Texten zeitgenössischer Autor*innen beliest. Seit Jänner 2021 erscheint unter dem Titel „Ferner dichtet“ wöchentlich Poesie in der Salzburger Krone. Teilnahme am Bachmann-Wettlesen 2021.