[REZENSION:] “Und das Universum schweigt” von Johanna Wurzinger

Johan­na Wurzin­ger:
Und das Uni­ver­sum schweigt
Roman; Ester und Salis, 2022
ISBN: 978–3‑03930–028‑0<
S. 400 | € 24,70

Rezen­si­on: Mar­ga­ri­ta Pun­ti­gam-Kinst­ner

Ein Mann und eine Frau, bei­de nicht mehr ganz jung, die sich im Urlaub ken­nen­ler­nen. Vik­tor, der unge­woll­te Ein-Bestseller-Autor,der gera­de sei­ne Bezie­hung in den Sand gesetzt hat – und Patri­zia, die alles immer unter Kon­trol­le haben muss und bei der ers­ten grö­be­ren Mei­nungs­ver­schie­den­heit davon­läuft.

Johan­na Wurzin­ger hät­te dar­aus einen leicht ver­dau­li­chen Wohl­fühl­ro­man stri­cken kön­nen. Hat sie aber nicht. Und das Uni­ver­sum schweigt ist näm­lich nichts für Leser*innen, die sich gern die rosa­ro­te Bril­le auf­set­zen. Denn bei Wurzin­ger (bzw. Vik­tor) wird viel dis­ku­tiert – wie im ech­ten Leben auch. Und das kann schon mal wütend machen. S‑e-h‑r wütend sogar.

Wie klar­kom­men mit all den sich wider­spre­chen­den Stim­men, die täg­lich auf uns ein­pras­seln? Wie dis­ku­tie­ren mit Eltern, die ihr Baby nicht imp­fen las­sen wol­len, weil sie der Mei­nung sind, dass der Kör­per ohne­hin alles selbst regu­liert und Krank­hei­ten bloß im Kopf sit­zen – die aber im sel­ben Atem­zug in der Haus­kat­ze der Gast­ge­ber eine Gefahr für die Gesund­heit ihres Kin­des sehen? Was tun gegen den Wahn­sinn der Esoteriker*innen auf der einen Sei­te und dem Fort­schritts­glau­ben auf der ande­ren, dem sich immer schnel­ler dre­hen­den Kon­sum­kreis­lauf, der nie still ste­hen darf, und das trotz schwin­den­der Roh­stof­fe und ver­pes­te­ter Umwelt?
Man kann es natür­lich auch machen wie Patri­zia und den Voll­idio­ten, der sich in einer #metoo-Debat­te als sexis­ti­sches Arsch­loch ent­puppt, aus dem Feri­en­ap­par­te­ment wer­fen – und zwar ganz ohne Dis­kus­si­on.

Wurzin­gers Debüt ist in einem flot­ten Ton geschrie­ben. Und ja, es ist durch­aus ein amü­san­tes Buch. Was weni­ger amü­sant ist: dass die Men­schen in Wurzin­gers Roman uns in zuneh­men­der Anzahl auch im ech­ten Leben begeg­nen. Gut nur, dass es am Ende ein klei­nes Rezept gibt, wie man mit all dem umge­hen könn­te.

Die­se Rezen­si­on erschien auch in unse­rer Print­aus­ga­be #63, Sep­tem­ber 2022

Mar­ga­ri­ta ist seit 2009 bei &Radieschen. Sie ist für den Satz der Zeit­schrift sowie den rei­bungs­lo­sen Ablauf von Ein­sen­de­schuss bis Druck ver­ant­wort­lich – und für die­sen Blog. Bei &Radieschen hat sie ihre Lei­den­schaft fürs Zeit­schrif­ten­ma­chen ent­deckt, wes­we­gen sie seit 2021 auch die Dia­lekt­zeit­schrift “Mor­gen­schte­an” gestal­tet. Wenn sie nicht gera­de vor dem Bild­schirm sitzt, dann liest sie meist. Oder sie schreibt (> margaritakinstner.at).

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