Marcus Fischer:
Die Rotte
Leykam, 2022
ISBN: 978–3‑7011–8251‑0
304 Seiten, € 23,50
Rezension: Katrin Oberhofer
“Die Rotte” von Marcus Fischer habe ich am Strand gelesen – das ist jetzt zugegeben schon ein Weilchen her, aber fühlte sich ganz gut an, von fern auf das Geschehen in der österreichischen Peripherie zu schauen. Mittlerweile ist das Buch für den Rauriser Literaturpreis nominiert und meine Neujahrsleseempfehlung.
Die Leserin findet sich in den 70-gern, in der Rotte Ferchkogel tief in der österreichischen Provinz. In dieser kleinen Ansammlung an Höfen findet kein idyllisches Landleben statt: Rohheit, Eifersucht, Fehden um Landbesitz, Alkoholmissbrauch, sozialer Druck und Depression prägen den Alltag.
Elfi Reisinger, die Heldin, ist eine junge Frau, der das alles über den Kopf wächst. Zuerst stirbt der Vater durch Selbstmord, und jemand in der Rotte wittert die Gelegenheit, ihr den wertvollen Seegrund billig abzuknöpfen. Dann heiratet sie einen Mann, der sich ständig übernimmt und nach seinem Tod nichts als Schulden und halbfertige Baustellen am Hof hinterlässt.
Sie bleibt zurück, mit einem kränklichen Kleinkind, einer pflegebedürftigen Mutter und den Tieren am Hof, die sie kaum noch versorgen kann. Wirklich alles scheint sich gegen sie verschworen zu haben, und doch gibt es ein gutes Ende für Elfi, das trotzdem realistisch scheint.
Feministisch einwandfrei, dieses Ende, würd ich sagen, denn erstens ist Elfi keine Lichtgestalt in dem Ganzen, zweitens bekommt sie Hilfe von einer Frau, und drittens braucht sie keinen Mann dafür.
Bemerkenswert auch die Sprache, die sich der österreichischen Umgangssprachen-Grammatik bedient. Tolle Dialoge. Minutiös beobachtete Details sozialer Interaktionen und Machtspiele in kleinen Gesten. Und auch das Buchdesign: ein kleines Kunstwerk für sich. Unbedingt lesen, vielleicht nicht gerade im Urlaub am Bauernhof 😅.
Katrin Oberhofer, rezensiert seit 2023 für &Radieschen.
Aufgewachsen in Maria Saal, lebt mit ihren liebsten Menschen in Wien. Studium der Sozial- und Kulturanthropologie und Philosophie, Ausbildung zur Schreibtrainerin am writers’ studio.
Mehr Buchrezenzsionen (und Katzen) gibt es unter @writing_and_cats