Peter Paul Wiplinger
Feuerzeichen
Gedichte zum Krieg in der Ukraine
deutsch-ukrainische Ausgabe
Übersetzung: Hanna Hnedkowa
mit einem Vorwort von Helmuth A. Niederle
Löcker Verlag, 2023
115 Seiten, ISBN: 978–3‑99098–185‑6
Rezension: Margarita Puntigam-Kinstner
Bereits seinem letzen Lyrikband “Einschnitte” (erschienen im Sommer 2022, vorgestellt in der Herbstausgabe 2022) hat Peter Paul Wiplinger ein paar aktuelle Gedichte vorangestellt, die er kurz nach Kriegsausbruch verfasst hatte. Mittlerweile sind zwei Jahre vergangen, der Krieg in der Ukraine dauert immer noch an, Ende ist keines in Sicht. Wie auch? Putin ist keiner, der verhandeln will. Ganz abgesehen davon: Was gäbe es zu verhandeln? Soll sich die Ukraine selbst wegverhandeln – um des lieben Friedens Willen? (Wie wenn der “Herr Putin” ein Friedensmensch wäre …)
herr Putin dieser KGB-geschulte zar
schreibt Wiplinger am 12.4. 2022.
träumt vom weltbeherrschungssieg
Wiplingers Gedichte sprechen von der Wut und der Ohnmacht, die wir (fast) alle verspüren, wenn wir vor den Fernsehgeräten sitzen. “Feuerzeichen” – das sind keine geschönten Worte. Die Lyrik Wiplingers hat nichts Gekünsteltes, im Gegenteil, manchmal hat man das Gefühl: Genau so, wie es hier steht, hab ich auch gefühlt (als Mariupol fiel, als vom Massaker in Butscha berichtet wurde, als …)
Wiplinger hat keine Scheu davor, das Spontane, das Echte festzuhalten. Das ist mutig – zumal manche seiner Gedanken auch verstören (natürlich tun sie das, wir kennen diese Gedanken von uns selbst …)
angesichts dessen frage ich
P.P. Wiplinger: “Fragen über Fragen”, Ausschnitt S. 56; Datum: 16.3.2022
wäre es nicht besser und egal
unter welchem politischen régime
man seine kinder seine familie
liebt und diese ihr leben leben
anstatt ewtas zu vereidigen bis
hin zu seiner vernichtung nur weil
vernunft zugleich feigheit wäre
[…]
fragen fragen fragen fragen
hinterfragen zu ende fragen
das unzulässige doch denken
alles in frage stellen
bis es eine gültige antwort gibt.
Wipingers Gedichte sind politisch. Vor allem aber sind sie persönlich. Der Herr(scher) Putin, der KGB-Agent und selbsternannte Zar, der “welterpesser”, dessen “infantiler kindertraum” es ist, “wieder ein großreich aufzurichten” – ihm gilt Wiplingers Zorn, ihm und all jenen, die nicht aufbegehren. Gleichzeitig sind da im Hause Wiplinger “blumen am fensterbrett / kaffeeduft aus der küche” – so wie immer, wenn irgendwo Bomben fallen und das Leben andernorts einfach weitergeht.
Wiplingers Gedichte mahnen uns, weiter nachzudenken, weiter über den Krieg zu sprechen. Nicht zu vergessen, worum es geht – nämlich darum, dass mitten in Europa wieder ein Land für seine Freiheit, für demokratische Werte kämpft.
Vor ein paar Jahren wurde auf Amazon Philip K. Dicks “The Man in the High Castle” verfilmt. In dem 1962 erschienenen Roman, stellte sich der Autor eine Welt vor, in der die Nazis den Krieg gewonnen haben.
Ich stelle mir gerade vor, was passieren würde, wenn .…
Margarita ist seit 2009 bei &Radieschen. Sie ist für den Satz der Zeitschrift sowie den reibungslosen Ablauf von Einsendeschuss bis Druck verantwortlich – und für diesen Blog. Bei &Radieschen hat sie ihre Leidenschaft fürs Zeitschriftenmachen entdeckt, weswegen sie seit 2021 auch die Dialektzeitschrift “Morgenschtean” gestaltet. Wenn sie nicht gerade vor dem Bildschirm sitzt, dann liest sie meist. Oder sie schreibt (> margaritakinstner.at).