[LYRIKEMPFEHLUNG:]“ES HAT SICH AUSERKLÄRT” von SchwarzRund

Schwarz­Rund:
Es hat sich aus­er­klärt
Afro­que­e­re Gedich­te und Essays
edi­ti­on assem­bla­ge, 2024 | 88 S. | € 16,00
ISBN: 978–3‑96042–179‑5
Rezen­si­on: Timo Brandt / @lyristix

“Nur wer den Nor­men ent­spricht, kann es sich leis­ten zu bezwei­feln, dass es sie gibt”. Die­sem Satz von Caro­lin Emcke kann man ein Zitat von James Bald­win zur Sei­te stel­len, der geschrie­ben hat (über­setzt von Gün­ter Panske): “Das Gesicht der Macht bleibt weiß.”

Bald­win schrieb dies in den 80er-Jah­ren des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts und er könn­te es auch heu­te noch schrei­ben; die ver­gan­ge­nen 40 Jah­re haben, in den USA, aber auch in Euro­pa, nicht unbe­dingt zu einer nach­hal­ti­gen Ver­bes­se­rung der Lage von Men­schen mit nicht­wei­ßer Haut­far­be geführt (geschwei­ge denn, die Macht­po­si­tio­nen ver­scho­ben). Natür­lich wäre auch eine signi­fi­kan­te Ver­bes­se­rung letzt­lich Hohn, denn war­um Ver­bes­se­run­gen und nicht gleich: Gleich­heit? War­um immer Zu- und Aus­ge­wie­se­nes, wo bleibt da die Selbst­be­stim­mung?

Schwarz­Rund schreibt nicht nur vor dem Hin­ter­grund einer schwar­zen Per­spek­ti­ve, son­dern auch einer quee­ren und einer von Men­schen mit disa­bi­li­ties. Die Erfah­run­gen, die dabei zur Spra­che kom­men, sind die eines Men­schen, der jeden Zen­ti­me­ter Raum in der Gesell­schaft ein­for­dern muss, dop­pelt und drei­fach. So zusam­men­ge­fasst es klingt schon auf­rei­bend, aber wäh­rend der Lek­tü­re die­ser Ver­se und Essays kann man sich auch (kla­rer­wei­se nur in Ansät­zen) vor­stel­len, was es im Ein­zel­nen bedeu­tet.

Näm­lich, dass vie­les, wor­auf wei­ße, straigh­te und gesun­de Men­schen sich täg­lich ver­las­sen kön­nen, nicht selbst­ver­ständ­lich ist – von Reprä­sen­ta­ti­on, über fai­re und vor­ur­teils­freie Behand­lung bis hin zur kör­per­li­chen Unver­sehrt­heit.

SRs Gedich­te set­zen sich mit der immer dro­hen­den Gewalt und Igno­ranz aus­ein­an­der, the­ma­ti­sie­ren die Hoff­nun­gen und Ent­täu­schun­gen in der Suche nach Com­mu­ni­ties, bei denen man nicht nur gedul­det und vor­ge­führt wird, son­dern in denen man mit­ge­stal­ten kann. Im Fokus steht immer wie­der das “no can do”, das “es hat sich aus­er­klärt”. Wei­chen wol­len die­se Tex­te nicht und machen klar: das Gesicht der Macht darf nicht auf dem Cover unse­rer Zeit pran­gen.

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