[LYRIKEMPFEHLUNG:]“DELFINE VOR VENEDIG” von Erika Kronawitter #2

Eri­ka Kronabit­ter:
Del­fi­ne vor Vene­dig
Rei­he vers lib­re — Zeit­ge­nös­si­sche öster­rei­chi­sche Lyrik, Band 19
Edi­ti­on Melos, 2024 | 84 S. | € 26,00
ISBN:  978–3‑9505459–2‑0
Rezen­si­on: Tobi­as March / @lyristix

„Stadt­bil­der ani­miert rel­oa­ded“, so lau­tet der Unter­ti­tel des neus­ten Gedicht­ban­des von Eri­ka Kronabit­ter. Auf Blick­we­ge nimmt uns die Autorin mit – jedes Gedicht ein gehei­mer Blick, ein Ver­wei­len, eine klei­ne, eige­ne Stadt­un­ter­su­chung der Lyri­ke­rin. Die Tie­re sind Beglei­tun­gen, sind Dar­stel­ler in Kronabit­ters Gedich­ten. Sei­en es die Del­fi­ne und Fische, die sich nicht dres­sie­ren und diri­gie­ren las­sen, oder sei es der Tin­ten­fisch, der träumt und der fer­nen Gelieb­ten ruft. Und auch die Möwen im Gedicht „kar­to­gra­fier­te dächer“ (S. 51) spie­len eine wich­ti­ge Rol­le:

„die dächer
sind kar­to­gra­fiert mit sta­chel­dräh­ten | per gesetz
wer­den die möwen dar­auf trai­niert
nur die ihnen zuge­wie­se­nen | sitz­plät­ze
zu benut­zen

seit­dem trip­peln sie auf | unse­ren fens­ter
bän­ken her­um | mit kal­ten füß­chen“

Aber in Kronabit­ters Lyrik spielt auch ein Tiger eine gewich­ti­ge Rol­le. Die Autorin wählt als Mit­tel zur Dar­stel­lung des Mee­res den Ver­gleich mit einem unge­zähm­ten, wil­den Tiger. 
„ein tiger das meer“ (S. 32):

„früh­mor­gens ist das meer ein tiger
an man­chen tagen
reißt an | ket­ten kan­ten tau­en
die träu­mer aus dem schlaf | fällt über
häu­ser her |…“

La Sere­nis­si­ma wird ein­mal zu Fuß über wider­spens­ti­ge Weg­stei­ne gehend erforscht (S. 9 „rio ter­ra“). Ein ande­res Mal wird die Stadt mit dem Zug erkun­det (S. 10 „gedach­te gera­de“).

Eri­ka Kronabit­ter schafft es in „Del­fi­ne vor Vene­dig“ Lie­be und Aus­sich­ten auf eine Stadt mit­ein­an­der zu einem poe­tisch-inten­si­ven Stadt­bild zu ver­we­ben und akus­ti­sche und bild­haf­te Poe­tik zu erschaf­fen. Nach­fühl­emp­feh­lung!


(Tobi­as March / Lyris­tix)

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