[WIEDERENTDECKT:] “Das magische Tagebuch” von Hannelore Valencak

Han­ne­lo­re Valen­cak:
DAS MAGI­SCHE TAGE­BUCH
erschie­nen 1981 im Paul Zsol­nay Ver­lag,
als Teil der Rei­he “Die phan­tas­ti­schen Roma­ne“
wie­der­ent­deckt von : Kat­rin Ober­ho­fer

Rezension:

Han­ne­lo­re Valen­caks „Das magi­sche Tage­buch“ ist zwei­fel­los ein wei­te­res Kapi­tel in der Miss­ach­tung gro­ßer hei­mi­scher Autorin­nen. Titel und Klap­pen­text des 1981 erschie­nen Wer­kes sind bes­ten­falls irre­füh­rend – ich wür­de dar­aus auf eine Art Jugend­buch schlie­ßen und „die Natur­schil­de­run­gen von zar­tes­ter poe­ti­scher Schön­heit“, die im Klap­pen­text bewor­ben wer­den, also da weiß ich nicht, wer sich das aus­ge­dacht hat. Das Buch ist bei den städ­ti­schen Büche­rei­en nur auf­grund einer Lese­rin­nen­spen­de vor­han­den – Dan­ke, unbe­kann­te Spen­de­rin!

Was erwar­tet die Lese­rin also?
Ein aus­ge­fuchst kon­stru­ier­tes Dra­ma, das sich zwi­schen Danie­la, der Ich-Erzäh­le­rin, und ihrem Mann Rai­mund abspielt, der kurz nach der Ehe­schlie­ßung bei einem Unfall ver­stirbt. Sie ver­merkt in ihrem Tage­buch den Wunsch, er möge heim­keh­ren – was er dann auch tut. Man ahnt schon, das wird nicht gut aus­ge­hen. Denn er ent­puppt sich zuneh­mend als alles, was sich Danie­la nicht gewünscht hat, er trinkt, ver­schwen­det ihr Geld, lügt und stiehlt. Und da ist noch sein bes­ter Freund Kili­an, der zuneh­mend dämo­ni­sche Züge ent­wi­ckelt. Danie­la sicht Zuflucht in einer Affä­re mit Rai­munds ehe­ma­li­gen Schul­kol­le­gen Ger­hard. Alle vier ver­stri­cken sich in ein Netz aus Lügen, Dro­hun­gen und Gewalt – die Protagonist:innen schen­ken sich hier abso­lut nichts. Strikt aus der Per­spek­ti­ve Danie­las erzählt, miss­traut man als Lese­rin ihrem Zugang zur Rea­li­tät immer mehr, zumal sie heim­lich zu pla­nen beginnt, ihren unge­lieb­ten Mann über das Vehi­kel des Tage­buchs wie­der los­zu­wer­den, das er aller­dings ent­wen­det.
Das Gan­ze gip­felt in einer Ste­phen King-wür­di­gen Kon­fron­ta­ti­on mit dem Über­na­tür­li­chen, bis die im Tage­buch her­bei geschrie­be­ne Rea­li­tät wie­der kol­la­biert.
Zudem habe ich dabei etwas über meta­sta­bi­len Aus­te­nit gelernt, das For­schungs­ob­jekt der Erzäh­le­rin in ihrem Berufs­le­ben.
Die Autorin selbst ist Phy­si­ke­rin und lässt ihr natur­wis­sen­schaft­li­ches Wis­sen so geschickt ein­flie­ßen, dass sich das bes­tens in den Plot fügt.

Kann das bit­te ein Ver­lag neu her­aus­ge­ben? Es ist fan­tas­tisch gut.

alle Fotos © Kat­rin Ober­ho­fer

Hin­weis der Redak­ti­on: Den Roman gibt es auch in der Lan­des­bi­blio­thek Stei­er­mark. Falls ihr an ande­ren Orten wohnt, fragt in euren Büche­rei­en nach, even­tu­ell gibt es noch ein Exem­plar im Lager­be­stand. Alter­na­tiv besteht die Mög­lich­keit, “Das magi­sche Tage­buch” gebraucht zu erwer­ben.

Kat­rin Ober­ho­fer,  rezen­siert seit 2023 für &Radieschen.
Auf­ge­wach­sen in Maria Saal, lebt mit ihren liebs­ten Men­schen in Wien. Stu­di­um der Sozi­al- und Kul­tur­anthro­po­lo­gie und Phi­lo­so­phie, Aus­bil­dung zur Schreib­trai­ne­rin am wri­ters’ stu­dio.
Mehr Buch­re­zenz­sio­nen (und Kat­zen) gibt es unter @writing_and_cats

Kommentar verfassen

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner