[REZENSION:] Radieschen von unten – Anthologie, Hg. von Rotraut Schöberl

Rot­raut Schö­berl (Hg.): Radies­chen von unten
Kri­mi-Antho­lo­gie mit Tex­ten von Bet­ti­na Balà­ka, Alex Beer, Aga­tha Chris­tie, Ann Gran­ger, Seve­rin Groeb­ner, Mar­ga­ri­ta Kinst­ner, Ralf Kramp, Tat­ja­na Kru­se, ‑ky, Mar­ti­na Par­ker, The­re­sa Pram­mer, Tho­mas Raab, Erwin Rie­desser, Eva Ross­mann, Cle­men­ti­ne Skor­pil, Gabrie­le Wolff, Peter Zirbs.
Resi­denz Ver­lag 2022
Rezen­si­on: Mar­ga­ri­ta Pun­ti­gam-Kinst­ner

Darf ich als Redak­ti­ons­mit­glied eine (nicht von uns her­aus­ge­ge­be­ne) Antho­lo­gie emp­feh­len, in der ich selbst mit einem Text ver­tre­ten bin? Aber ja, ich darf. Natür­lich unter einer Vor­be­din­gung: Ich muss die Tex­te der ande­ren so sehr mögen, dass ich die Antho­lo­gie auch dann hoch­hal­ten wür­de, wenn ich selbst nicht mit­ge­schrie­ben hät­te. Und das kann ich dann doch mit gutem Gewis­sen behaup­ten.

Jetzt muss ich vor­ab geste­hen: Ich habe Kri­mi-Antho­lo­gien bis­her nicht son­der­lich viel abge­win­nen kön­nen. (Aller­dings ken­ne ich nur 4). Ich habe aber auch kei­nen Gar­ten. Ich habe nicht ein­mal einen grü­nen Dau­men – es sei denn, ich zäh­le die unzäh­li­gen Läu­se und Rau­pen und dazu, die es sich auf mei­nen Rosen und mei­ner Kapu­zi­ner­kres­se gemüt­lich machen (hip­per, insek­ten­freund­li­cher Stadt­bal­kon!).

Apro­pos Kapu­zi­ner­kres­se. Die kann man essen. Zum Bei­spiel im Radies­chen­sa­lat. Oder fein gehackt auf dem Radies­chen­brot …
Mor­den kann man mit der Kapu­zi­ner­kres­se aller­dings nicht. Oder doch? Immer­hin habe ich bis kur­zem auch nicht gewusst, dass man mit Erb­sen­sup­pe mor­den kann. Mit Erb­sen­sup­pe (ohne jeg­li­chen Zusatz!) kann man tat­säch­lich Leu­te ins Grab brin­gen. Wuss­ten Sie das? Oder auch mit einem Ohr­wa­schel­kak­tus (der sich lie­ber nobel gibt und im Buch als Opun­tie vor­stellt). Nicht, dass sein Dorn (nen­nen Sie ihn nie­mals Sta­chel!) gif­tig wäre. Aber er kann lebens­be­droh­lich wer­den, wenn … aber lesen Sie selbst! (»Der Opun­ti­en­dorn« von Bet­ti­na Balà­ka ist übri­gens mei­ne per­sön­li­che Lieb­lings­ge­schich­te. Die ist näm­lich beson­ders böse.)

Was man in dem Buch noch fin­det: Zum Bei­spiel die Geschich­te mit den ewig strei­ten­den Nach­barn und dem dem »Wau, wau­wau, wauuuuu«-Hund – der dann lei­der sein Leben las­sen muss.
Oder die Geschich­te vom Mimo­sen-Streich­ler (einem wahr­haf­ten Pflan­zen­rü­pel)!
Und es gibt einen Kater namens Kaf­ka! <3
Und ein blind date.
Und einen Mann, der ein Mäd­chen ein­sper­ren will, was ihm zum Glück aber nicht gelingt. Einem gut aus­se­hen­den Bur­schen wie­der­um gelingt es dann lei­der doch, ein Mäd­chen im Park zu Tode zu wür­gen – und damit auch noch davon zu kom­men.
Und dann gibt es die­sen mys­te­riö­sen blu­ten­den Typen in einer Gar­ten­hüt­te …

Vor allem aber gibt es viel Gift, schwar­zen Humor und über­ra­schen­de Wen­dun­gen in die­ser Antho­lo­gie. Die Geschich­ten sind alle­samt kurz und dadurch sehr dicht (die meis­ten sind grad mal so lang, dass man 2 Radies­chen­bro­te essen kann) und äußerst hin­ter­häl­tig.
Und ja, ich hab einen Ver­dacht. Ich glau­be näm­lich, dass die Geschich­ten des­we­gen so anders sind als in ande­ren Kri­mi-Antho­lo­gien (zumin­dest anders als in jenen 4, die ich ken­ne), weil die Rot­raut Schö­berl als Her­aus­ge­be­rin dahin­ter steckt. Und wenn die Rot­raut Schö­berl um Geschich­ten anfragt, dann traut Autor*in sich eben doch nicht, irgend­ei­ne alte, nicht so gelun­ge­ne Sto­ry aus der Schub­la­de zu zie­hen.

Für mei­nen eige­nen Text in “Radies­chen von unten” kann ich nicht spre­chen, den sol­len ande­re beur­tei­len. Aber eines kann ich dann doch ganz ohne Lug und Trug behaup­ten: Ich habe jede ein­zel­ne Geschich­te in die­sem Buch genos­sen. Und was das beson­ders Schö­ne war: Ich hab sie nicht nur mit Span­nung gele­sen, son­dern vor allem viel gelacht!

(Aber natür­lich bin ich vor­ein­ge­nom­men. Denn allein das Wort »Radies­chen« löst bei mir ja schon Lie­bes­ge­füh­le aus .…)

Mar­ga­ri­ta ist seit 2009 bei &Radieschen. Sie ist für den Satz der Zeit­schrift sowie den rei­bungs­lo­sen Ablauf von Ein­sen­de­schuss bis Druck ver­ant­wort­lich – und für die­sen Blog. Bei &Radieschen hat sie ihre Lei­den­schaft fürs Zeit­schrif­ten­ma­chen ent­deckt, wes­we­gen sie seit 2021 auch die Dia­lekt­zeit­schrift “Mor­gen­schte­an” gestal­tet. Wenn sie nicht gera­de vor dem Bild­schirm sitzt, dann liest sie meist. Oder sie schreibt (> margaritakinstner.at).

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