[REZENSION:] “Zärtliche Risse” von Astrid Kohlmeier

Astrid Kohl­mei­er:
Zärt­li­che Ris­se
der wolf ver­lag, 2023

ISBN 978–3‑903354–47‑0 112 S. | € 24,00

»Zärt­li­che Ris­se« könn­te »Von der Lie­be« erzäh­len, wie auch der ers­te Teil des Ban­des beti­telt ist. Aber erzäh­len ist viel­leicht an die­ser Stel­le schon ein unacht­sam gesetz­tes Wort. Viel­mehr ist es ein Begrei­fen, ein Füh­len, ein Hin­hor­chen, ein Hin­ein­lu­gen in eben­je­ne bit­ter­zar­ten Ris­se. 

»Du bist anders­wo / Wenn dei­ne düs­te­ren Geis­ter mich jagen / Dei­ne Zwei­fel zärt­li­che Ris­se in mei­ne Wän­de trei­ben / Dei­ne Trä­nen von mei­nen Wan­gen stür­zen.« (aus: »Anders­wo«, S. 32) 

Mit die­sem Beginn ist das The­ma des Ver­lus­tes bereits prä­sent. Auch der tat­säch­li­chen Zeit mit der gelieb­ten Per­son ist immer eine Gren­ze gesetzt, sei es durch ihre Abwe­sen­heit, die Flüch­tig­keit der Begeg­nung oder der eige­nen Ein­sam­keit wegen, der Unauf­lös­bar­keit des Todes. Das lyri­sche Ich ist offen, wund. Die Inten­si­tät in der Spra­che mal knapp, mal aus­ufernd, sodass die Unaus­halt­bar­keit des jewei­li­gen Zustands unan­ge­nehm kon­kret wird. Das Wun­dern über sich und die Lie­be mutet manch­mal bei­na­he sakral an. Eine mög­li­che Ver­gol­dung der Ris­se, das locki­ge Haar, die See­len­be­rüh­rung spre­chen von einer Tie­fe, die der Bezie­hung eine aus­ge­spro­che­ne Beson­der­heit ver­leiht. Wor­in die­se liegt, wis­sen wohl nur die Lie­ben­den selbst. 

Nach dem gro­ßen Ein­stieg in »Von der Lie­be«, in dem manch­mal Zwei­fel an den Wor­ten auf­kom­men, fun­gie­ren die­se im Kapi­tel »Wor­te anein­an­der­rei­hen« wie­der als Sicher­heits­trä­ger. Die Sicher­heit ist aller­dings nicht von lan­ger Dau­er. »Krieg und Frie­den« ist trau­rig zeit­los, zeigt wech­seln­de Posi­tio­nen auf, erzählt vom hoff­nungs­ar­men Blei­ben, vom über­le­bens­not­wen­di­gen Gehen, in all­dem der tie­fe Wunsch nach Frie­den. 

Fast besänf­ti­gend wir­ken dann die »Moment­auf­nah­men« mit schein­ba­ren All­täg­lich­kei­ten, aber stets mit der­sel­ben Wort­ge­walt wie zuvor. »Zärt­li­che Ris­se« hat durch­aus Pathos.

Rezen­si­on: Katha­ri­na J. Fer­ner

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