[LYRIKEMPFEHLUNG:]“LIEBELEIEN MIT WUCHSFORMEN” von Sofie Morin

»Trie­be. Sol­che, die uns tren­nen, ent­lang von Stän­geln. Und sol­che, über die wir uns annä­hern: ein­an­der.«

Lie­be­lei­en mit Wuchs­for­men ver­führt die Lesen­den zum genau­en (und erneu­ten) Betrach­ten längst ver­trau­ter Mit­ge­schöp­fe, die uns an Weg­rän­dern oder auf dem hei­mi­schen Regal begeg­nen könn­ten, wenn wir denn einen Dia­log mit ihnen wag­ten. Sofie Mor­in schreibt sich in ihren lyri­schen Annä­he­run­gen dem Gemein­sa­men zu, mit Hin­ga­be, Neu­gier und Humor, und bleibt sich dabei der Fremd­heit des Gegen­übers stets bewusst.

Ich emp­fin­de es als zärt­lich zu bei­den Sei­ten hin, wenn das lyri­sche Ich auf eine Zim­mer­pflan­ze blickt und sagt:

»Mitt­ler­wei­le kennt die Tex­tur ihrer Rin­de vie­le Spra­chen. Mitt­ler­wei­le haben sich Wit­te­run­gen, oder das Feh­len von Regen­güs­sen in ihre und mei­ne Jah­res­rin­ge glei­cher­ma­ßen ein­ge­schrie­ben. Mitt­ler­wei­le sind wir | ihr Stamm und ich | per Du und jedes Jahr sage ich ihr: Dei­ne Mit­te ist wie­der ein wenig stäm­mi­ger gewor­den, wie mei­ne auch.«

Ein wei­te­rer sinn­li­cher Dia­log ergibt sich auch aus der Ver­bin­dung der Tex­te mit den fei­nen Male­rei­en von Hein­rich Stein­fest, des­sen Bil­der noch ein­mal völ­lig ande­re Zugän­ge zu den Tex­ten anbie­ten. Wie Jah­res­zei­ten erschei­nen mir die vier Tei­le ZART SEIN, WOLL­LUST, GEBÄ­REN und WILD SEIN. Und über allem schwebt der Begriff der Mit­ge­schöpf­lich­keit, in dem sich alles wie­der­fin­det, was mir für eine Welt­sicht wich­tig erscheint.

Lie­be­lei­en mit Wuchs­for­men von Sofie Mor­in (mit Zeich­nun­gen von Hein­rich Stein­fest) ist in der Edi­ti­on Arthof erschie­nen und eine gro­ße Lese­emp­feh­lung!
(Ste­pha­nie Meh­nert / Lyris­tix)

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